Matthias Gläßner – Senior TYPO3 Architekt

WCAG · BITV · Öffentlicher Sektor & Enterprise

TYPO3 & Barrierefreiheit:
Wie Sie WCAG/BITV nicht nur „bestehen“,
sondern in der Praxis wirklich erreichen

Für viele Organisationen ist Barrierefreiheit inzwischen gesetzliche Pflicht oder fester Bestandteil von Ausschreibungen. Gleichzeitig steht im Raum: „Unser Webauftritt soll einfach für möglichst viele Menschen nutzbar sein.“ Zwischen diesen Zielen und der Realität liegen jedoch oft Lücken – technisch, gestalterisch und organisatorisch.

Fokus: WCAG 2.1/2.2 & BITV in TYPO3 Für IT, UX, Redaktion & Fachbereiche Von Technik über Inhalte bis Prozesse

Was bedeutet Barrierefreiheit bei TYPO3 konkret?

Barrierefreiheit ist kein zusätzliches „Feature“, das man nachträglich anschraubt, sondern ein Qualitätsmerkmal der gesamten Website. In TYPO3-Projekten geht es dabei insbesondere um drei Ebenen:

  • Technische Basis: saubere Semantik, Navigationsstrukturen, Tastaturbedienbarkeit, Fokusführung, ARIA-Attribute, Formulare usw.
  • Design & Komponenten: Kontraste, Zustände, Fehlermeldungen, Hover/Focus, Responsivität – oft in einem Designsystem oder Komponentenbaukasten abgebildet.
  • Redaktion & Prozesse: verständliche Inhalte, Alternativtexte, Überschriften-Struktur, Medienbeschreibungen und klare Verantwortlichkeiten.

Ein barrierefreies TYPO3-System verbindet diese Ebenen so, dass gesetzliche Vorgaben, Nutzbarkeit und interne Arbeitsabläufe zusammenpassen – statt im Widerspruch zu stehen.

Welche Arten von Barrierefreiheits-Arbeiten gibt es in TYPO3?

Je nach Ausgangslage reicht das Spektrum von einem fokussierten Check bis zu einem umfassenden Programm aus Audit, Komponenten-Refactoring und Schulung. In der Praxis haben sich u. a. folgende Bausteine bewährt:

A11y-Check Light

Schnellcheck / 1–2 Tage

Kompakte Einschätzung der größten Hürden, ohne vollständige WCAG-Prüfung.

  • • Prüfung zentraler Seitentypen & Komponenten
  • • Fokus auf technische Quick-Wins & Kontraste
  • • Kurzbericht mit Prioritäten & Maßnahmenideen

Technik & Komponenten

Technischer A11y-Review

Detaillierte Analyse von Markup, Templates, Komponentenbibliothek & Interaktionen.

  • • Semantik, ARIA, Fokusreihenfolge, Tastaturbedienung
  • • Komponenten-Review (Navigation, Formulare, Akkordeons …)
  • • Empfehlungen für Designsystem & Entwicklungsrichtlinien

Ganzheitlich

Technik + Redaktion & Prozesse

Ergänzend: redaktionelle Leitlinien, Schulungen, Rollenmodelle und Governance.

  • • Redaktions-Check (Überschriften, Alt-Texte, Medien)
  • • Rollen & Zuständigkeiten, Freigabeprozesse
  • • Schulungen & Guidelines für dauerhafte Barrierefreiheit

Konkreter Nutzen: Wo Barrierefreiheit mit TYPO3 wirkt

Barrierefreiheit wird oft als „Pflichtaufgabe“ gesehen – tatsächlich bringt sie spürbare Vorteile für Nutzende und Organisation:

1. Rechtssicherheit & Ausschreibungsfähigkeit stärken

Für öffentliche Stellen und viele Unternehmen ist Barrierefreiheit rechtlich oder vertraglich vorgeschrieben. Ein strukturiertes Vorgehen hilft:

  • • Anforderungen aus WCAG/BITV nachvollziehbar abzudecken
  • • Prüfberichte & Dokumentation als Nachweis bereitzuhalten
  • • Risiken durch Beschwerden oder Prüfungen zu reduzieren

→ Oft in Kombination mit Security- & Compliance-Leistungen sinnvoll.

2. Nutzbarkeit & Zufriedenheit verbessern

Barrierefrei gestaltete Seiten sind in der Regel auch für alle anderen Nutzenden klarer, verständlicher und robuster:

  • • Bessere Orientierung & Navigationsstrukturen
  • • Klarere Formulare & Fehlermeldungen
  • • Bessere Performance auf mobilen Geräten

→ Direkter Effekt auf Self-Service, Supportaufkommen und Zufriedenheit von Nutzergruppen.

3. Technik & Design zukunftsfähiger machen

Barrierefreiheit zwingt zu strukturierter, wiederverwendbarer Komponenten- und Template-Architektur. Das ist auch aus technischer Sicht ein Gewinn:

  • • Weniger Sonderfälle, weniger „Quick & Dirty“-Lösungen
  • • Bessere Wartbarkeit und Upgrade-Fähigkeit
  • • Grundlage für Designsysteme und Headless-Ansätze

→ Basis für langfristig stabile TYPO3-Setups und Relaunches.

4. Redaktionen entlasten & befähigen

Wenn Barrierefreiheit im System gut angelegt ist, müssen Redaktionen nicht bei jedem Inhalt „das Rad neu erfinden“, sondern:

  • • bekommen klare Leitplanken durch Content-Elemente & Templates,
  • • werden durch Hilfetexte, Checks & Schulungen unterstützt,
  • • können sich stärker auf Inhalte statt Formalien konzentrieren.

→ Ergänzend zu Schulungen & Coaching ein sinnvoller Hebel.

Praxisbeispiele: Wann Barrierefreiheit mit TYPO3 den Unterschied gemacht hat

Einige vereinfachte, anonymisierte Beispiele aus Projekten zeigen, wie Barrierefreiheit nicht nur als Pflicht, sondern als strategischer Faktor wirkt:

Behördenportal · WCAG/BITV-Optimierung

Ausgangslage: Bestehendes TYPO3-Portal mit hohen Zugriffszahlen, gemischte Historie im Code. Nach einem A11y-Review wurden Navigation, Formulare und Komponenten schrittweise überarbeitet – mit klaren Verbesserungen bei Tastaturbedienbarkeit und Screenreader-Nutzung.

Verband · Designsystem & Komponentenbibliothek

Ausgangslage: Viele Microsites, inkonsistente Templates und wiederkehrende Beanstandungen. Durch die Entwicklung einer barrierebewussten Komponentenbibliothek für TYPO3 konnten neue Auftritte schneller und einheitlicher umgesetzt werden – inklusive A11y-Guidelines für interne und externe Teams.

Mittelstand · Schulung & Redaktionsleitfaden

Ausgangslage: Technisch solide TYPO3-Instanz, aber uneinheitliche Inhalte und fehlende Alt-Texte. In einer Kombination aus System-Anpassungen und Redaktionsschulung wurden Workflows, Checklisten und Content-Elemente so ausgerichtet, dass laufende Inhalte unkompliziert barriereärmer erstellt werden konnten.

Häufige Fragen zur Barrierefreiheit mit TYPO3

In Projekten mit öffentlichen Trägern, Verbänden und Unternehmen tauchen immer wieder ähnliche Fragen auf:

Ist TYPO3 „von Haus aus“ barrierefrei?
TYPO3 bietet sehr gute Voraussetzungen, um barrierefreie Websites zu bauen – es entscheidet jedoch die konkrete Umsetzung: Templates, Komponenten, Integrationen und Inhalte. Kurz: Ein TYPO3-System kann sehr barrierearm oder sehr problematisch sein – je nach Projektsetup.
Reicht es, wenn wir einmalig einen Test machen und nachbessern?
Ein einmaliger Test kann wichtige Probleme aufdecken, löst aber nicht das Grundthema: Barrierefreiheit ist ein laufender Prozess. Sinnvoll ist eine Kombination aus initialem Review, strukturierten Anpassungen und klaren Leitlinien für neue Inhalte und Komponenten.
Müssen wir dafür alles neu bauen – oder können wir bestehende Seiten verbessern?
Das hängt von Ausgangslage und Zielen ab. Oft lässt sich mit gezielten Eingriffen in Templates und Komponenten bereits sehr viel erreichen. In anderen Fällen – z. B. bei sehr alten oder stark fragmentierten Systemen – ist eine Kombination aus Refactoring und Relaunch sinnvoll. Genau das wird in einem A11y-Check transparent gemacht.
Wie integriert man Barrierefreiheit in bestehende Projekt- und Release-Prozesse?
Entscheidend ist, dass Barrierefreiheit nicht als „Extra-Thema“ behandelt wird, sondern:
  • in Definition-of-Done & Akzeptanzkriterien einfließt,
  • in Design- & Komponentenreviews geprüft wird,
  • und bei Releases gezielt getestet bzw. stichprobenartig überprüft wird.
In vielen Projekten etablieren wir dazu konkrete Checklisten, Guidelines und Rollen, die zu Ihrem Team und Ihren Prozessen passen.

Sie möchten Ihre TYPO3-Website barrierefreier machen – und wissen, wo Sie stehen?

Ob gesetzliche Vorgaben, interne Standards oder der Wunsch nach zugänglichen Online-Services – Barrierefreiheit lässt sich mit TYPO3 gut umsetzen, wenn Technik, Design und Redaktion zusammenspielen. In einem kurzen Erstgespräch klären wir, welche Ziele Sie verfolgen, wie Ihr aktuelles System aussieht und welches Vorgehen sinnvoll ist.